OLG Hamm: Link auf OS-Plattform muss anklickbar sein

veröffentlicht am 14. Dezember 2017

OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2017, Az. 4 U 50/17
Art. 14 Abs. 1 S.1 EU-VO (EU) Nr. 524/2013

Unsere Zusammenfassung finden Sie hier (OLG Hamm – Link auf OS-Plattform muss anklickbar sein); den Volltext der Entscheidung unten:


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Oberlandesgericht Hamm

Beschluss

Es handelt sich um einen Hinweisbeschluss.

II.
Nach Beratung und vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage weist der Senat darauf hin, dass die Berufung der Verfügungsbeklagten keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

1.
Zulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Die Geltendmachung des verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruches erweist sich insbesondere nicht als rechtsmissbräuchlich (§ 8 Abs. 4 Satz 1 UWG).

a)
Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils bereits zutreffend ausgeführt, dass die Verfügungsbeklagte mit dem von ihr der Sache nach erhobenen „unclean-hands“-Einwand nicht durchzudringen vermag.

b)
Den Formulierungen in dem von der Verfügungsklägerin erstellten und der Abmahnung beigefügten Entwurf für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (Blatt 74 der Gerichtsakte) ist nicht zu entnehmen, dass die Verfügungsklägerin sich auch für nicht schuldhaft begangene Verstöße eine Vertragsstrafe versprechen lassen wollte. Die Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ entspricht letztlich der Formulierung in § 339 Satz 2 BGB, der auch nur von „der Zuwiderhandlung“ – und nicht von „der schuldhaften Zuwiderhandlung“ – spricht. Dem von der Verfügungsbeklagten zitierten Urteil des Senats vom 17.08.2010 – 4 U 62/10 – (veröffentlicht u.a. in juris) lag ein nicht einmal im Ansatz vergleichbarer Sachverhalt zugrunde: dort ging es um eine ausdrückliche Regelung zur Vertragsstrafenverwirkung auch bei schuldlosem Verhalten, die zudem so in den Text der vorformulierten Unterwerfungserklärung eingefügt war, dass sie ohne Weiteres überlesen werden konnte.

c)
Der Gleichlauf der in der Abmahnung gesetzten Fristen für die Abgabe der Unterwerfungserklärung und für die Erstattung der Abmahnkosten ist zwar zu beanstanden, stellt indes keinen ausreichenden Anhaltspunkt für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Vorgehens dar.

2.
Begründetheit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

a)
Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt.

b)
Es besteht auch ein Verfügungsanspruch. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG iVm Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013.

aa)
Die bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform (ohne eine „Verlinkungs“-Funktionalität) stellt keinen „Link“ im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 dar. Ein „Link“ setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine entsprechende Funktionalität („Klickbarkeit“) voraus. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 spricht gerade nicht davon, dass der Unternehmer die Internetadresse der OS-Plattform (lediglich) „mitteilen“ müsse.

bb)
Die Verpflichtung zur Einstellung des Links zur OS-Plattform besteht auch für Angebote auf der Internetplattform „ebay“. Der im Ergebnis gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden, Urteil vom 17.01.2017 – 14 U 1462/16 – <juris>) schließt sich der Senat nicht an.

(1)
Der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 steht der hier vertretenen Auslegung der Vorschrift nicht entgegen. Unter den in der genannten Vorschrift verwendeten Begriff der „Website“ lassen sich auch Angebote auf der Internetplattform „ebay“ subsumieren.

Der deutschsprachige Eintrag zum Begriff „Website“ im Internet-Lexikon „Wikipedia“ führt zwar aus, dass eine „Website“ alle einem Anbieter gehörenden Webseiten umfasst, die „unter einer bestimmten Domain zusammengefasst sind“, was für die von der Verfügungsbeklagten vertretene Auslegung des Begriffes „Website“ sprechen könnte. Der englischsprachige Eintrag zu dem – der englischen Sprache entstammenden – Begriff „Website“ in dem genannten Internet-Lexikon lautet indes: „A website, or simply site, is a collection of related web pages, including multimedia content, typically identified with a common domain name, and published on at least one web server.“ Hiernach ist die Zusammenfassung der Webseiten und sonstigen Inhalte unter einer gemeinsamen Domain lediglich ein „typisches“ und kein notwendiges Merkmal einer „Website“, so dass auch der Auftritt eines Unternehmers auf einer Internetplattform wie „ebay“ als „Website“ im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 verstanden werden kann.

(2)
Die VO (EU) Nr. 524/2013 verwendet den Begriff der „Website“ auch an anderer Stelle. Hinzuweisen ist diesbezüglich auf die Regelung in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 524/2013. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum die dortige Verpflichtung z.B. einen Unternehmer, der seine Waren- und Dienstleistungsangebote allein auf einer Internetplattform wie „ebay“ präsentiert, nicht treffen soll (ebenso Stenzel, jurisPR-ITR 7/2017, Anm. 6, dort unter C.).

(3)
Der in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 geregelten Verpflichtung für Online-Marktplätze, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen, und den diesbezüglichen Ausführungen in Erwägungsgrund (30) zur VO (EU) Nr. 524/2013 lässt sich nicht – jedenfalls nicht mit der für ein solches Verständnis der Vorschrift erforderlichen Eindeutigkeit – quasi im Umkehrschluss entnehmen, dass die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Links zur OS-Plattform für die einzelnen Angebote und Anbieter auf dem Online-Marktplatz nicht gelten soll. Im Ergebnis dürften die Ausführungen im Erwägungsgrund (30) sogar eher für die hier vertretene Auffassung sprechen (vgl. hierzu Stenzel, a.a.O.).

(4)
Entscheidend für das Verständnis der Regelung in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 ist letztlich der Sinn und Zweck der VO (EU) Nr. 524/2013, der ein weites Verständnis des Begriffes „Website“ erfordert. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat hierzu auf die überzeugenden Ausführungen in dem Urteil des OLG Koblenz vom 25.01.2017 – 9 W 426/16 – <juris>, dort Rdnr. 10.

cc)
Der Verstoß ist schließlich auch spürbar im Sinne des § 3a UWG. Verstöße gegen unionsrechtliche Regelungen über Informationspflichten auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stets als spürbar anzusehen.